GOODYEAR-VERFAHREN - DIE ENTSTEHUNG EINES rahmengenähten SCHUHS

Ein klassischer, rahmengenähter Ludwig Reiter Schuh wird nach dem Goodyear-Verfahren in rund 300 Arbeitsschritten von hochqualifizierten Arbeitskräften in unserer Manufaktur in Wien Süßenbrunn hergestellt. Diese Methode, die weltweit nur noch von wenigen Schuhproduzenten beherrscht und eingesetzt wird, verleiht den Schuhen ein besonderes Maß an Festigkeit, Haltbarkeit und Tragekomfort.  

Die klassische Technik des Rahmennähens ist nach wie vor die unübertroffene, international renommierteste und daher sehr zeitlose Art der Erzeugung von Qualitätsschuhen: ein schönes Beispiel für das Leitmotiv Ludwig Reiters: „Die Zukunft der Tradition“.

Folgend wollen wir, das Team der Ludwig Reiter Schuhmanufaktur, Ihnen die Entstehung eines klassischen 'Budapesters' anhand der wichtigsten Arbeitsschritten näher bringen: 

 

 

DER LEISTEN - DIE SEELE DES SCHUHS

Jede neue Entwicklung eines Schuhmodells erfordert die Kenntnisse eines Modelleurs, der anhand eines Holzleistens ein neues Modell erstellt. Der so entstandene Leisten gibt jedem Schuh seine ganz eigene Charakteristik und Passform.


 

 

Die QUALITÄTSKONTROLLE

Ludwig Reiter bezieht Leder und Rohware aus Italien, Frankreich und Deutschland. Einige besondere Lederarten wie Bisonleder oder spezielle Pferdelederarten werden aufgrund der guten Qualität aus Amerika bezogen. Jede unserer Rohwaren unterliegt bestimmten europäischen Standards welche die Qualität garantieren. Das Leder wird genau nach kleinen natürlichen Fehlern (z.B. Falten, Rissen, Mückenstichen) untersucht und angezeichnet, damit diese beim Zuschnitt berüchsichtigt werden können.


 

 

der ZUSCHNITT

Die einzelnen Elemente des Oberteils – Vorder- und Hinterklappe, Seitenteile, Lederfutter etc. – werden mit der Hand unter Zuhilfenahme einer Schablone undeines Messers per Hand zugeschnitten oder mit einem Stanzmesser ausgestanzt. Dieser Arbeitsschritt erfordert besonders viel Erfahrung mit dem Material und wird nur von erfahrenen MitarbeiterInnen durchgeführt.

 


 

 

das PERFORIEREN

Das Modell 'Budapester' zeichnet sich durch eine besondere Perforation aus. Diese wird sorgfältig und in kleinen Schritten mit einer der ältesten Nähmaschinen der Ludwig Reiter Schuhmanufaktur gelocht. Die Perforierungen werden ohne Schablonen durchgeführt und erfordern daher besonderes Fingerspitzengefühl.


 

 

das ZUSAMMENSTELLEN

Die einzelnen Teile des Oberleders werden händisch zusammengestellt und zum Nähen vorbereitet. Dabei verwendet man einen Marmorstein der besonders geschmeidig ist und das Leder nicht zerkrazt.


 

 

das OBERteilSteppen

Beim Oberteilsteppen näht man in vielen einzelnen Arbeitsgängen die Elemente des Oberteils und des Futters zusammen. Jeder Stich muss sitzen, geht er daneben muss man meistens von vorne beginnen.


 

das FUTTERLEDER

In diesem Arbeitsschritt wird das Oberleder mit dem Lederinnenfutter verbunden oder auch ‚eingefüttert‘ und anschließend vernäht. Das Lederinnenfutter spielt eine bedeutende Rolle, denn es ist für das 'Schuhklima' ebenso wichtig wie das Oberleder, muss es doch einen großen Teil der Feuchtigkeit des Fußes aufnehmen.

 

 

spitzzwicken

Das Ober- und Unterleder ist nun vernäht und der Schuh ist in der Montage angekommen wo er nun in mehreren Schritten mit der Sohle verbunden wird. Damit er seine typische Form erhält muss der Leisten eingefügt werden. Das Oberleder wird über den Leisten spitzgezwickt.

Der Leisten bleibt nun bis zur Fertigstellung im Schuh.

 


 

 

SEITENZwicken

Der Schuh wird seitengezwickt: das Oberleder wird über den Leisten gezogen und mit der Brandsohle zusammengezwickt. Die Brandsohle ist jener Teil des Schuhbodens, auf dem der Fuß steht und besteht deshalb aus erstklassigem unbehandeltem Rindleder.


 


 

TECHNOLOGIE TRANSFER

Das zuvor ausschließlich on der Handarbeit mit Ahle, Nadeln und Zwirn ausgeführte Rahmennähen wurde vor allem durch mehrere vom US-Amerikaner Charles Goodyear Junior 1872 in den Vereinigten Staaten patentierte Spezialnähmaschinen mechanisiert und rationalisiert. Daher stammt der häufig für rahmengenähte Schuhe verwendete Begriff „Goodyear welted“ bzw. „Goodyear-Verfahren“.

Ludwig Reiter II., der Sohn des Firmengründers, arbeitete Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere Jahre in der Schuhfabrik Endicott Johnson in den USA und lernte dort das mechanische Rahmennähen kennen.

Bei seiner Rückkehr 1909 brachte er die Goodyear-Technik nach Wien mit, erwarb die entsprechenden Maschinen und baute den Handwerksbetrieb seines Vaters schrittweise in eine Schuhfabrik um.

Seither hat sich bei Ludwig Reiter technologisch im Grunde nicht viel verändert. Es sind bis heute Maschinen aus der Anfangszeit in Verwendung.

 

Ludwig Reiter II (vorne links) auf dem Dampfschiff am Weg in die USA 1902.

 

Die Goodyear-Rahmeneinstechmaschine, welche in der Ludwig Reiter Schuhmanufaktur seit 1920 im Einsatz ist.

 

 

Gemeinsam mit Arbeitskollegen in der Schuhfabrik Endicott Johnson in Massachussets. Ludwig II dritter von links.

 

DAS RAHMENNÄHEN

Die besondere Herausforderung bei der Herstellung eines Schuhs besteht darin, das Oberteil mit dem Schuhboden so zu verbinden, dass der Schuh weich, bequem, elastisch und trotzdem robust und dauerhaft ist. An sich ein Widerspruch, der aber durch das Rahmennähen aufgelöst wird, indem man das Oberteil mit der Laufsohle durch zwei separate Nähte die beweglich und zugleich langlebig sind, verbunden wird.

Dazu werden zuerst das Oberteil und die Brandsohle (Innensohle) mit einem um den Schuh laufenden Lederband -dem Rahmen- zusammengenäht. 


 

 

OPTIMALER TRAGEKOMFORT

Um den Tragekomfort des rahmengenähten Schuhs weiter zu erhöhen, wird der Raum zwischen Brandsohle und Laufsohle mit Korkmasse ausgeballt, in die zur Stabilisierung und Stoßdämpfung ein Holzplättchen aus Ahornholz – das Holzgelenk – eingelegt wird.

Ein weiterer Vorteil von rahmengenähten Schuhen mit Lederlaufsohle ist, dass es zwischen Fußsohle und Schuhboden keine Sperrschicht aus Kunststoff oder Klebstoff gibt, welche die Hautatmung behindern würde. Die Luftdurchlässigkeit des Leders ist insofern wichtig, als sich auf der Fußsohle besonders viele Schweißporen befinden.


 

 

die bewegliche mitte

In einem weiteren, gesonderten Arbeitsschritt, dem Doppeln, wird der Rahmen durch eine zweite Naht mit der Lederlaufsohle verbunden. Das Oberteil des Schuhs und die Laufsohle sind also nicht direkt, sondern indirekt und flexibel miteinander verbunden.

Der ganze Schuh ist um eine „bewegliche“ Mitte  – den Rahmen – herum aufgebaut, die es dem Schuh ermöglicht, den überaus komplexen Bewegungsablauf des Fußes beim Gehen flexibel nachzuvollziehen. Dies sorgt für höchsten Tragekomfort.


 

 

DER lederABSATZ

Nach dem Fräsen der Sohlenkante wird der Lederabsatz aus mehreren Schichten Rindsleder aufgedrückt, gefräst, geglast, der Schuhboden gebimst, Absatz und Schnitt poliert. 


 

 

Ein BESONDERes MERKMAL - DIE LEDERSOHLE

Ein klassischer rahmengenähter Ludwig-Reiter Schuh mit Ledersohle hat eine unverkennbare Sohle. Diese wird mit mehreren Nuancen Schuhpasta bearbeitet und danach mit einem Prägestempel versehen.

 


 

 

C'EST FINI(SH)!

Im sogenannten Finish wird das Oberleder mit Schuhpasta behandelt, poliert und der Fersenfleck montiert. Der Schuh wird von den geschulten Augen unserer MitarbeiterInnen einer genauen Qualitäts- und Endkontrolle unterzogen.

Et voilà!

Bis sie optimalen Tragekomfort bieten, müssen rahmengenähte Schuhe eine Weile eingetragen werden. Das Leder muss sich erst an die Form des Fußes gewöhnen, die Lederbrandsohle und die darunter liegende Korkschicht brauchen etwas Zeit, um ein individuell angepasstes Fußbett auszubilden.

Es ist also nicht nur ihre Dauerhaftigkeit, sondern vor allem der sich aus der Konstruktion der beiden elastischen Nähte und der Korkeinlage ergebende besondere Tragekomfort, der rahmengenähte Schuhe so einzigartig macht.

 


 

DAS GOODYEAR-VERFAHREN

Sehen Sie in diesem Video wie ein rahmengenähter Ludwig Reiter Budapester in der Ludwig Reiter Schuhmanufaktur entsteht. 
Musik - Johannes Brahms, ungarischer Tanz Nr. 8.

 

 

Die INDIVIDUELLE ANFERTIGUNGEN

Da beim Rahmennähen der Bodenaufbau nicht vorgefertigt werden kann, sondern Schritt für Schritt direkt am Schuh entsteht, und da gutes Leder ein individuell gewachsenes Naturprodukt ist, müssen rahmengenähte Schuhe nach wie vor handwerklich gefertigt werden. Das ermöglicht gleichzeitig hohe Flexibilität in der Produktion und viele Möglichkeiten zur Erfüllung individueller Kundenwünsche in Bezug auf die Kombination verschiedener Leisten, Oberleder und Sohlen.

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